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Das Wunder von Bern - La Penta!

Ligacup

100 Sekunden vor Schluss traf Thomas Voegtli das leere Tor seiner ehemaligen Kollegen, welche bereits ohne Torhüter agierten, und machte mit dem 11:8 den Deckel zu. Auf der Nuglerbank wurde gejubelt, die Fans tobten. Der erste Kübel der Vereinsgeschichte wandert ins Schwarzbubenland! Der Anschlusstreffer 40 Sekunden vor Schluss zum 11:9 durch Bücheler kam zu spät, um da noch etwas zu verändern. Die Berichte-Schreiber hatten ihre Schlussfazits zum Ligacupfinal bereits gezogen, und Damian Keller von unihockey.ch war wohl nicht der einzige, der die Fotos der jubelnden Nugler bereits im Kasten hatte. Und hier hätte die Geschichte enden können!

Tat sie aber nicht! 40 Sekunden waren noch zu spielen. Kam Büchelers Tor wirklich zu spät? «Nein», meinten die Gossauer, «in 40 Sekunden ist noch etwas Möglich!» Gossau nahm sein Timeout, die besprochene Taktik konnte nur «All-In» sein und was das heisst, sah dann das Publikum beim anschliessenden Anstoss. Die Zürcher Oberländer liessen Bieri gleich auf der Bank und waren sich sicher, dass Linus Widmer das Bully gewinnen würde. Nuglar kam aber in Ballbesitz, suchte gleich den Abschluss, traf jedoch nicht. Die Sekunden tickten unerbittlich, ja die Stadionuhr stoppte erst bei 19:32, obwohl der Ball schon bei 19:30 ins Aus ging. Aber, egal. Ballbesitz wieder bei Gossau und fünf Sekunden später hämmerte d'Hooghe das Runde ins Eckige! 10:11. 23 Sekunden waren noch zu spielen. Nuglar war nervös, Gossau roch den Braten. Nach wie vor galt «All-In». Bieri weiterhin draussen, Gossau zu viert, hinten d'Hooghe und Bücheler, vorne Keller und Linus Widmer. Bullygewinn durch Linus Widmer - Ballbesitz Gossau - Keller auf Bücheler - Päng! 11:11! Die Halle stand Kopf, die Uhr zeigte 19:42, Gossau jubelte über den Ausgleich, aber die abgebrühten Routiniers mit der Erfahrung von bis zu neun Cupfinals wussten, dass noch nichts gewonnen war und schon der nächste Anstoss entscheidend sein wird. Spezialist Linus Widmer gewann das Bully und die 18 Sekunden zur Verlängerung wurden routiniert, ohne Harakiri-Abschluss, herunter gespielt.

In der Overtime konnte dann alles passieren. Nuglar, weiss zwar wie man ein Golden Goal erzielt, Gossau auch. Linus Widmers Golden Goal im Playoff-Final gegen Cazis ist allen noch gegenwärtig und dasjenige im Playoff-Halbfinal gegen Lengnau auch. Nur, der Haken daran war, dass dieses Thomas Voegtli markierte und der war nun beim Gegner. Das Momentum war aber klar auf der Seite der Zürcher Oberländer und die Schwarzbuben schienen geschockt.

Die Verlängerung konnte beginnen. Das erste Teilziel - Bullygewinn und damit Ballbesitz - gelang. Zunächst war es Linus Widmer, der mit einem blitzschnellen Vorstoss den Ball nur an die Latte setzte und anstatt Golden Goal kam Nuglar in Ballbesitz. Und dann geht es ganz schnell. Kurtesi - Nuglar bereits wieder mit vier Feldspielern - will den nächsten Angriff einleiten. Linus Widmer macht Druck auf diesen und nimmt ihm gleichzeitig den Pass auf Voegtli weg. Der Nuglar-Captain spielt deshalb auf Mangold, realisiert aber nicht, dass dieser am Auswechseln ist. Der Pass missrät, Keller erfasst blitzschnell die Situation und - ZACK! - drischt die Kugel ins leere Tor! «AUS! AUS! AUS! – AUS! – Das Spiel ist aus! – Gossau ist Ligacupsieger, schlägt Nuglar mit 12 zu 11 Toren im Finale in Bern!»

Das Spiel begann vor einer stattlichen Kulisse von über 1300 Zuschauern gut für die Zürcher Oberländer. Nuglar schien noch nicht richtig im Cupfinal angekommen zu sein, da erwischte Nicki Walther Torhüter Wiedmer mit einem Buebetrickli und gerade mal vier Sekunden später war d'Hooghe mit einer Granate erfolgreich. Ja, es kam sogar noch besser. Erneut war es der geniale Walther, der die Solothurner düpierte und auf 3:0 stellte. Das war nun aber der Weckruf für Nuglar. Von nun an hatten sie eher mehr Ballbesitz. Alferd Kurtesi führte glänzend Regie und war bei seinen Vorstössen kaum zu stoppen und mit zwei Toren und einem Assist war er hauptverantwortlich dafür, dass bis zum ersten Kaffee Nuglar mit 4:3 in Führung lag.

Die Zürcher hatten genügend Geprächsstoff in der ersten Pause. Knackpunkt war der, wie kriegen wir Kurtesi in den Griff. Eine einfache Frage zwar aber eine Frage, die schon zahlreiche andere Teams nicht beantworten konnten. Gespannt erwarteten die Anhänger beider Teams das zweite Drittel.

Und siehe da, die Kreise des gegnerischen Captains konnten gestört werden, dafür schob sich ein anderer immer mehr in den Vordergrund, ausgerechent der Ex-Gossauer Thomas Voegtli. Er war es dann auch, der Büchelers Ausgleich zum 4:4 gleich mit dem 4:5 beantwortete und Burtschi pfannenfertig das 4:6 servierte. Begann da Gossau zu wanken? Nein, Matthias «Mätsch» Baumgartner hatte da noch etwas im Köcher. Mit einem Buebetrickli brachte er seine Farben wieder heran und meinte nach dem Match, dass es das erste seiner Art in seiner langen Karriere sei und dass er gar nicht gewusst habe, dass er sowas drauf habe... Jetzt übernahm Gossau wieder das Kommando und schon klingelte es erneut bei Wiedmer. Hürlimann hatte mit einem wunderbaren Airhook getroffen, und es wäre bestimmt das schönste Tor des Cupfinals gewesen, hätte es Schiedsrichter Lussi gegeben. Ob da wirklich ein Highsticking vorlag ist schwierig zu beurteilen. Auch die zahlreichen Experten auf der Haupttribüne meinten eher nein. Sei's drum, obwohl es ein ausserordentlich wichtiges Tor zum 6:6 Ausgleich gewesen wäre, meinte einer der Experten, dass das nicht matchentscheiden gewesen wäre. Dein Wort in Teutates' Ohr... Beim 5:6 blieb es dann bis zum zweiten Tee.

Hochspannung für das letzte Drittel war garantiert. Wer würde den besseren Start hinlegen? Es war Nuglar. Mangold auf Pass von Voegtli - immer wieder er - erhöhte den Vorspung auf zwei Tore, bevor dann die Zürcher Oberländer zu einer Powerplaychance kamen. Stocker hattte kaum in der Kühlbox Platz genommen, da schlug die Powerplay-Formation um d'Hooghe, Linus Widmer und Keller unbarmherzig zu. 6:7 nach gerade mal vier Sekunden! Gossau war am Drücker. Und plötzlich krümmte sich Alfi Kurtesi nach einem Zusammenstoss mit Bücheler am Boden. Es war bestimmt kein Foul sondern ein normaler Zweikampf mit unglücklichem Ausgang. Der humplende Kurtesi musste von den Kollegen gestützt vom Platz geführt werden. Sollte der Ausfall des Dreh- und Angelpunkt die Partie entscheiden? Nein, Nuglar war nur kurz geschockt. Nicky Walthers Ausgleich konterte Mangold mit der Führung und kurz darauf glich d'Hooghe erneut aus. Beim 8:8 blieb es dann längere Zeit, und die alleswissenden Experten waren sich einig, dass der nächste Treffer - auf welcher Seite auch immer er fallen sollte - die Entscheidung bedeuten würde. Tanner mit einem Doppelschlag - darunter ein wunderbarer Treffer in den Angel - drei Minuten und zwei Minuten vor dem Ende sorgte für die vermeintliche Vorentscheidung und als dann Voegtli 20 Sekunden später das leere Tor nicht verfehlte, schien der Mist geführt zu sein. Die Experten wurden bestätigt, die Siegerehrung für Nuglar konnte vorbereitet werden. Die Berichte waren geschrieben, konnten veröffentlicht werden und Bilder der jubelnden Solothurner gab es auch schon in rauen Mengen. Alle ausser ein paar Jungs in orangen Shirts hatten mit dem Ligacupfinal 2017 schon abgeschlossen und dann geschah es, das Wunder von Bern!

Ein unglaubliches Finale wurde den Fans geboten. Es hat in der Tat Nerven gekostet und manch einer wunderte sich, das ganze überlebt zu haben. Ja, einer der treuesten Gossauer Fans lebte derart intensiv mit, dass er Hilfe von der Sanität in Anspruch nehmen musste. Glücklicherweise hat er sich bald wieder erholt. Das Happy End hat da bestimmt auch das seine dazu begetragen.

Der fünfte Ligacupsieg ist in trockenen Tüchern. Es ist auch gleichzeitig der 20. Titel in der 21-jährigen Vereinsgeschichte des UHCevi Gossau und mit insgesamt dreizehn Titel - 5-mal Ligacup und 8-mal Schweizermeister - sind die Gossauer Linus Widmer, Matthias Keller, Basil Widmer und Lukas Leimbacher alleinige Rekordtitelträger in der Kleinfeldszene! Wir gratulieren.

Bei aller Freude über den Titel wollen wir den UHC Nuglar nicht vergessen, der viel zu einem unvergesslichen und hochspannenden auf höchstem spielerischen Niveau beigetragen hat. Nuglar hätte den Titel auch verdient gehabt. Wir wünschen Alfi Kurtesi gute Besserung und hoffen, dass er sich schnellstmöglich von der Verletzung erholen möge.

Nun ist Feiern angesagt, aber nur kurz. Denn nach dem Cupfinal kommen die Playoffs und da wollen Gossau und Nuglar ein ernsthaftes Wörtchen mitreden. Möglicherweise sehen wir uns bereits wieder in den Halbfinals...

Presseschau: Bericht swissunihockey.ch, Interview James unihockey.ch, Bericht unihockey.ch, Bericht und Liveticker ZO-Online, Bericht Zürcher Oberländer, Beitrag Regio, Bericht Homepage Nuglar

Matchtelegramm
UHC Nuglar United – UHCevi Gossau 11:12 n.V. (4:3, 2:2, 5:6,0:1)
Sporthalle Wankdorf Bern, 1378 Zuschauer, SR Martin Lussi.
Tore: 03:07 Walther (Bücheler) 0:1, 03:11 D’Hooghe (Keller) 0:2, 07:53 Walther (Baumgartner) 0:3, 08:19 Kurtesi (Meier) 1:3, 11:41 Stocker (Kospo) 2:3, 14:12 Meier (Kurtesi/Ausschluss D’Hooghe) 3:3, 18:50 Kurtesi 4:3;
24:52 Bücheler (Baumgartner) 4:4, 25:12 T. Voegtli (Kurtesi) 5:4, 33:01 Burtschi (T. Voegtli) 6:4, 36:19 Baumgartner (Bücheler) 6:5; 
41:07 Mangold (T. Voegtli) 7:5, 45:43 L. Widmer (d'Hooghe/Ausschluss Stocker) 7:6, 47:52 Walther 7:7, 51:44 Mangold (Kospo) 8:7, 52:45 D’Hooghe (Leimbacher) 8:8, 57:05 Tanner (Burtschi) 9:8, 58:00 Tanner (Burtschi) 10:8, 58:20 T. Voegtli 11:8, 59:20 Bücheler (Bieri) 11:9, 59:37 D'Hooghe (Bücheler) 11:10, 59:42 Bücheler (Keller) 11:11;
60:24 Keller 11:12.
Strafen: UHC Nuglar United 1-mal 2 Minuten (Stocker), UHCevi Gossau 2-mal 2 Minuten (Hürlimann, d'Hooghe).
UHC Nuglar United: Wiedmer; Alferd Kurtesi, P. Vögtli, Meier; Burtschi, Mangold, T. Voegtli; Kospo, Stocker, Tanner; Christ, Würsch.
UHCevi Gossau: Bieri; D’Hooghe, Keller, Widmer; Frauchiger, Ehrensperger, Hürlimann; Bücheler, Baumgartner, Walther; Leimbacher, Rüegg, Luchsinger; L. Baltisberger, D. Baltisberger, Frank; Brühwiler.
Bemerkungen: 57:05 Time-Out UHC Nuglar United, 59:20 Timeout Gossau. Yannick Burtschi und Nicolas Walther als beste Spieler gewählt.
 
Das Golden Goal zum Geniessen im folgenden Video bei 1:26