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Gossau ist wieder Meister, zum vierten Mal

Playoff

Im Entscheidungsspiel vom Sonntag drehte sich im Vorfeld alles um die Fragen, ob und wie die Gossauer die unglückliche Niederlage vom Vortag wegstecken würden und ob die Lengnauer auf der Euphoriewelle des überraschenden Auswärtssieges reitend erneut einen Exploit landen könnten. Das Momentum schien auf Aargauer Seite zu liegen und die Fans begaben sich mit gemischten Gefühlen nach Endingen. «Es ist nur eine Schlacht verloren, aber nicht der Krieg», so oder ähnlich lauteten die Sprüche, die man am Samstagabend hörte, die bestenfalls als Durchhaltepariolen durchgingen. Andrerseits war dem aufmerksamen Auge nicht entgangen, dass die Lengnauer einen richtigen Lauf hatten, der Torhüter vor allem im letzen Drittel und der Verlängerung eine Sternstunde hatte. Dass das am Sonntag so weitergehen sollte war unwahrscheinlich. Zudem hat der samstägliche Fight viel Kraft gefordert und dass allenfalls das breitere Kader, bzw. der vierte Block (Lengnau hat bekanntlich keinen solchen) das Zünglein an der Waage bilden würde.

Nicht mit gemischten Gefühlen reisten die Aktiven in den Aargau. Mag die Enttäuschung am Samstagabend gross gewesen sein. Die Konzentration galt schon bald dem sonntäglichen Entscheidungsspiel. Die Partie war noch nicht lange abgepfiffen als die versammelte Expertenrunde (siehe VIP-Lounge) mit treffenden Analysen der Partie heisse Tipps weitergaben und so nahmen die Zürcher Oberländer mit viel Selbstvertrauen und noch mehr Siegeswillen die schicksalsschwere Fahrt bestens vorbereitet ins Surbtal unter die Räder.

Im Wissen, dass das Entscheidungsspiel eine Geduldsprobe werden wird, besannen sich beide Mannschaften auf eine solide Denfensive. Trotzdem gelang nach knapp fünf Minuten dem an diesem Nachmittag überragenden James Bücheler das so wichtige 0:1, in dem er einen präzisen Pass vom wieder in den ersten Block aufgerückten Silvan Künzler verwertete. Dieses erste Tor gab viel Sicherheit. Das Spiel hielten die Zürcher Oberländer im Griff, warteten geduldig auf ihre Chance, aber auch die Lengnauer liessen defensiv nichts anberennen. Als dann Leimbacher in die Kühlbox geschickt wurde, gelang den Lengnauern der Ausgleich. Kurz darauf nahm ein Aargauer auf der Strafbank Platz, was umgehend durch James Bücheler ausgenützt wurde und als gut eine Minute vor dem ersten Tee erneut ein Lengnauer hinaus musste, war es Linus Widmer, der traf und dafür sorgte, dass man mit einem Zweitorevorsprung in die Pause gehen konnte. Ein Blick in die Vergangenheit zeigte, dass man gegen Lengnau noch nie so gut stand nach dem 1. Drittel. Zuversicht machte sich bei den Zürcher Anhängern breit.

Der Gameplan im zweiten Drittel war klar. Die Lengnauer mussten nun kommen und deshalb hiess es weiterhin die Defensive solid halten und geduldig auf Konter warten. Aber offenbar sind die Lengnauer in dieser Finalserie ein Spezialist für schnelle Tore im Mitteldrittel und wie in Spiel 1 und Spiel 2 gelang ihnen auch dieses Mal der schnelle Anschlusstreffer. Die Freude der Surbtaler darüber währte aber nur kurz, denn drei Sekunden (?) später war Leimbacher erfolgreich und stellte die alten Relationen wieder her. Als Luchsinger vier Minuten später auf 5:2 stellte, wettete kaum noch einer auf die Lengnauer. Zu sicher und zu souverän spielte der noch amtierende Vizemeister. Mit drei Toren im Vorsprung genoss man den zweiten Tee. Nun der Bär (oder in diesem Fall das Weisse Ross) war noch nicht erlegt. Auch gegen die Canes holten die Aargauer sogar zweimal einen Dreitorerückstand auf und dass sie im letzten Drittel nicht unbedingt einbrechen werden, haben sie in Wald am Vorabend bewiesen.

Das Rezept für das letzte Drittel blieb gleich. Man erwartete, dass die weissen Rosse die letzten Kräfte mobilisieren würden, um das Unmögliche noch möglich zu machen. Die Festung Gossau wurde nun gestürmt, diese fiel nich, ja sie wackelte nicht einmal und als dann Bücheler gut 10 Minuten vor dem Ende das 6:2 erzielte, hätten wahrscheinlich viele Mannschaften ihre Köpfe hängen lassen und resigniert. Nicht aber Lengnau! Coach Näf nahm nun sein Timeout und vermittelte seinen Mannen die letzten taktischen Finessen aus der Trickkiste. Diese wirkten aber nur teilweise. Das 3:6 von V. Müller gut sechs Minuten vor Schluss beunruhigte Gossau nicht sonderlich. Sie spielten ihr Spiel konsequent weiter und Adi Vollenweider markierte knapp drei Minuten vor Schluss den 7. Gossauer Treffer. War’s das schon? Lengnau gab noch nicht auf. Zu viert ohne Torhüter versuchten sie ihr Glück und richtig, sechs Sekunden nach Vollenweiders 3:7 kamen sie wieder auf 4:7 heran. Sollten die Zürcher noch einmal ins Zittern kommen? Jetzt warfen sie ihre ganze Erfahrung aus 23 Playoff- Spielen in die Waagschale und wehrten sich mit allen zur Verfügung stehende Kräften und noch mehr gegen weitere Verlusttore. 54 Sekunden vor Schluss mussten sie aber dennoch das 5:7 kassieren, aber das kam zu spät. Routiniert wurden die letzten Sekunden heruntergespielt, der Sieg war in trockenne Tüchern und der Meistertitel wechselte aus Bern wieder zurück ins Zürcher Oberland!

Der vierte Titel ist errungen. Er wurde den Zürchern aber nicht geschenkt und sie mussten dreimal eine Top-Leistung abrufen. Über alle vier Spiele gesehen, war der UHCevi Gossau sicher die bessere und v.a. die cleverere Mannschaft und hat den Titel verdient gewonnen. Es zeigte sich einmal mehr, dass in solch heissen und auch emotionalen Ausmarchungen die Erfahrung ein nicht zu unterschätzender Vorteil sein kann. Lengnau auf der anderen Seite war ein würdiger Finalgegner. Sie haben den neuen Meister hart gefordert. Eine solide Defensive, ein hervorragender Goali und einige sehr schnelle und treffsichere Stürmer. Die Mannschaft ist noch jung und wird sicher in den nächsten Jahren ein ernsthaftes Wörtchen im KF-Unihockey mitreden. Wer die Berner Hurricanes hinauswerfen kann und dem neuen Meister ein drittes Playoffspiel abfordert muss offensichtlich Qualitäten haben. Wir schauen gespannt auf die weitere Entwicklung dieser vielversprechenden Mannschaft.

Playoff-Final-würdig war auch der Schiedsrichter Christian Fauenknecht. Es wurde an dieser Stelle auch schon Kritik an den Unparteiischen geübt. Aber man darf es ruhig auch einmal erwähnen, wenn der Schiri richtig gut war. Es war nicht einfach, in dieser aufgeheizten Stimmung kühles Blut zu bewahren und sich von den primitiven Sprüchen des Lengnauer Anheizer nicht beeinflussen zu lassen. Das hat er wirklich toll gemacht, umso mehr, als dass im KF-Unihockey selten eine solche Atmosphäre herrscht. Zudem fand er das richtige Mass zwischen Laufenlassen und Abpfeifen. Herzliche Gratulation an den Unparteiischen.

Den zahlreichen Gossauer Fans sei auch an dieser Stelle gedankt für das stets zahlreiche Erscheinen und unermüdliche Anfeueren der eigenen Mannschaft. Auch sie dürfen sich ein Scheibchen vom Meisterkuchen abschneiden! Die tolle Stimmung, die sie verbreitet haben, trägt zweifellos auch bei, dass das KF-Unihockey populärer wird.

Nun ist Feiern angesagt, die Meisterschaft 2010/2011 beginnt im September. Zuvor sind einige Lockerungsübungen im Ligacup angesagt und einige interessante Vergleiche im Grossfeldcup, wo man auf den Swiss-Mobiliar-League Vertreter UHC Uster treffen könnte, wenn die ersten beiden Runden überstanden werden. Das sind zweifellos vielversprechende Aussichten.

Matchtelegramm

SVL White Horse Lengnau - UHCevi Gossau 5:7 (1:3, 1:2, 3:2)
MZH, Endingen / ca. 300 Zuschauer und 1 Megaphon / SR: Frauenknecht (Hager)
Tore: 04:20 0:1 Bücheler (Künzler); 13:48 Spaltenstein (V. Müller); 14:40 Bücheler
(L. Widmer); 18:41 L. Widmer (Bücheler); 2:3 20:21 Spaltenstein (V. Müller); 20:24
2:4 Leimbacher (Ruchti); 26:34 2:5 Luchsinger (B. Widmer); 2:6 48:59 Bücheler (L.
Widmer); 3:6 53:39 V. Müller; 3:7 57:06 Vollenweider; 4:7 57:12 Meier (Burger); 5:7
59:16 Meier (Kloter)
Strafen: Lengnau 3 x 2 Minuten, Gossau 2 x 2 Minuten;
Lengnau: Schmidhalter; V. Müller, Spaktenstein, Heule; Burger, Baumann, Meier;
Felder, Kloter, M. Müller.
Gossau: Heusser; Bücheler, L. Widmer,Künzler; Luchsinger, B. Widmer, Keller;
Leimbacher, Ruchti, Vollenweider.
Bemerkungen: Meier, d’Hooghe, Baumgartner, Ambühl bei Gossau überzählig.
48:59 Timeout Lengnau
Best-Player: Meier (Lengnau), Bücheler (Gossau)