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Herren schaffen das Break

Playoff

Für nicht wenige Kenner ist die Affiche Kappelen - Gossau der Kleinfeld-Traumfinal schlechthin. Nicht nur weil dabei die beiden Gruppensieger aus der Regular Season aufeinander treffen, sondern weil auch KF-Unihockey auf höchstem Niveau garantiert wird, erinnern wir uns nur an den Cupfinal vor einem Jahr oder die Playoff-Final-Serie vor zwei Jahren. Zwar endeten alle diese Partien zugunsten der Zürcher, wobei diese auch das Glück beanspruchen mussten, wie am dramatischen Cupfinal 2014, der erst im Penaltyschiessen entschieden wurde.

So fanden sich - gemäss Organisatoren - 346 Zuschauer in der zum Bersten vollen Mehrzweckhalle in Kappelen ein und sorgten für den berühmt berüchtigten brodelnden Hexenkessel. Gut genährt mit Bratwurst und Bier für CHF 5.- harrte man erwartungsfroh der Dinge, die da kommen sollten. Zunächst traten die Gäste angeführt von Captain Andi Wintsch in die Arena und anschliessend wurde der Auftritt der Einheimischen mit Rauch, Stroboskop und gebeamten Portraits zelebriert. Die Nationalhymne - die Berner mussten wahrscheinlich lange suchen, bis sie die langsamste Version gefunden hatten - wurde dann bei der «frommen Seele» wohl aus Zeitgründen abgewürgt und es bleibt ein Geheimnis, was diese geahnt hätte...

Der Final begann dann doch noch. Aber die meisten Zuschauer sahen zunächst nicht das, was sie sehen wollten, denn sie sahen von allem Anfang an ein sehr konzentriertes Gossau, das sofort die Initiative ergriff, bei eigenem Ballbesitz vor allem einmal die andern zum Laufen brachte und sofort eiskalt zuschlug, wenn sich eine Gelegenheit bot. So war da 0:1 durch Adi Vollenweider eine logische Folge davon und für einmal mussten die Zürcher nicht gleich einem Rückstand nachrennen, was in den diesjährigen Playoffs beinahe schon eine ärgerliche Tradition geworden ist... Nun, das 0:1 war für den Titelverteidiger ganz wichtig und in der Folge sollten sie kaum mehr zu bremsen sein. Das zwischenzeitliche 1:1 beantworteten sie innerhalb von vier Sekunden mit einem Doppelschlag und damit war noch nicht genug. Die Maschinierie lief wie geölt, die Zweikämpfe wurden gewonnen, Schüsse der Kappeler geblockt und «Turbo Nicky» wirbelte den Seeländern nur so um die Ohren. Und schon stand es 6:1 für die Gäste, der Hexenkessel war erstaunlich ruhig geworden, die Treicheln hatten Pause und für Betrieb auf den Rängen sorgten nur noch die Gossauer Fans. Da störte es auch niemanden, als Adi Vollenweider eine Strafe nahm - in Kappelen wird man wie früher in der Schule zur Strafe in die Ecke geschickt - und die Kappeler ein Powerplay erfolgreich abschliessen konnten zum Pausenstand von 2:6.

Vier Tore ist zwar eine ganze Menge, aber gegen Kappelen alles andere als eine Garantie auf den Sieg. Cazis führte zwei Tag zuvor schon acht Minuten vor Schluss mit vier Toren und die Kappeler holten dies auf. Auch wenn da Woodoo-Zauber beteiligt gewesen sein soll, beeindruckend war das allemal.

Und alle die in der Pause zur Vorsicht warnten wurden bestätigt. Genau 12 Sekunden dauerte es bis Marc Reusser den Ball in Bieris Netz zappeln liess und damit zur Aufholjagd blies. Zwar stellte Linus Widmer den alten Abstand wieder her, doch die Gossauer wirkten nicht mehr derart überlegen wie im ersten Drittel. Nach Wüthrichs erneutem Anschlusstreffer zum 4:7 und einer Zweiminutenstrafe gegen Kocher, dachte man, dass jetzt das gefürchtete Powerplay der Gossauer zum KO-Schlag ausholen würde. Doch es kam wieder einmal anders. Anstatt Tor gab es einen Zweier gegen Bücheler, und kaum hatte dieser in der Ecke Platz genommen, hatten die Roten den Ball erobert, den Torhüter durch einen dritten Feldspieler ersetzt und schon klingelte es erneut bei Bieri. Bitter war natürlich, dass bei zwei gegen zwei die Strafe nicht aufgehoben wurde und nach dem Strafenende von Kocher die Kappeler in numerischer Überlegenheit weiterspielen durften. Das taten sie genau sechs Sekunden und Kevin Hügli vollendete zum 6:7. Und das war definitiv das Signal, den Hexenkessel wieder brodeln zu lassen. Die Treicheln wurden in Betrieb gesetzt und die Pressluft wieder den Sirenen zugefügt. Doch Gossau wäre nicht Gossau, wenn sie nicht auch dagegen eine Lösung gefunden hätten. Linus Widmer und Nicky Walther stellten den Dreitorevorsprung wieder her und nach je zwei Toren auf beiden Seiten blieb es dabei zum zweiten Tee.

Es war augenscheinlich, dass Kappelen einen Gang höher geschaltet hatte und die Gossauer nicht mehr derart konsequent standen wie noch ein Drittel zuvor. Trotzdem waren es noch mehr oder weniger solide drei Tore Vorsprung, auch wenn man um die Stärken der «Roten Armee» wusste.

Und wenn diese einmal ins Rollen kommt wird es ganz schwierig. Darauf waren die Zürcher gefasst, doch die Roten überrollten das Weisse Ballett und es waren keine vier Minuten im Schlussdrittel gespielt, als es nur noch 10:11 stand. Gossau verteidigte mit Mann und Maus und lauerte auf Konter. Einen solchen schloss Baumgartner auf Pass von Walther mustergültig ab und man gewann wieder etwas Luft. Nicht für lange, da Zesiger gleich wieder den Anschluss bewerkstelligte. Eine Zweiminutenstrafe gegen ebendenselben hätte den Zürchern wieder Gelegenheit gegeben vorzulegen. Aber auch dieses Mal kam es anders. Kappelen nahm sein Timeout und was da besprochen wurde sah man sofort. Bei eigenem Ballbesitz Torhüter raus, dritter Feldspieler rein und hinter dem Tor bis zum Ablauf der Strafe warten. Klar, hätte man den Wartenden hinter dem Tor angreifen können, aber die Gefahr eines Shorthanders war zu gross und im Bewusstsein, dass man - auch wenn nur knapp - führte und den Kappelern wertvolle Zeit davon laufen könnte, liess man die Strafe herunterticken. Noch sechs Minuten waren zu spielen, Angriff um Angriff rollte auf Bieri und dieser reihte BigSave an Big Save, bis Wintsch zwei Minuten vor Schluss auf 13:11 stellte. Derselbe Wintsch, der den Seeländern schon im Cupfinal 2014 mit seinem Ausgleichstor wenige Sekunden vor Schluss den Cupsieg raubte! Doch es war noch nicht fertig. Der überragende Zesiger netzte noch zweimal ein und erzwang die Verlängerung.

Unter den Gossauer Anhängern sah man ernste Mienen. Wie sollte die in Schwung gekommene Rote Armee noch gebremst werden? Die meinten gar, dass Gossau nur ein Penaltyschiessen retten könnte und das auch nur eventuell. 

Die Verlängerung war noch kaum richtig gestartet, da wurde auch schon ein Freistoss gegen die Kappeler verhängt. Diese hatten zwar das Bully gewonnen, aber brachten den Ball nicht unter Kontrolle, so dass Bücheler dazwischen gehen konnte und sich Kappelen nur noch mit einem Stockschlag retten konnte. Blitzschnell führte Bücheler den Freistoss aus,  Vollenweider stürzte sich wie ein hungriger Löwe auf die Kugel und würgte diese ins Netz. Irgendwie, aber drin ist drin und Sieg ist Sieg.

Der Kampf hatte das gebracht, was er versprochen hatte. Ein Steigerungslauf an Spannung mit dem Höhepunkt des Sudden Death in der Verlängerung. Hatten das die Organisatoren geahnt, als sie «Spiel mir das Lied vom Tod» in der Pause vor der Verlängerung einspielten? Der Sieg war aber sicher verdient und wir freuen uns auf das Rückspiel am nächsten Samstag in Pfäffikon ZH. Die Dreifachhalle Mettlen ist auch für einen Zuschauer-Grossanmarsch feuerpolizeilich unbedenklich und wir garantieren, jedem Zuschauer freie Sicht auf das Spielfeld für einen weiteren Kleinfeld-Leckerbissen.

Matchtelegramm
UHC Kappelen - UHCevi Gossau 13:14 n.V. (2:6, 6:5, 5:2,0:1)
MZH Kappelen, Kappelen. – 250 Zuschauer. – SR Anna Strähl.
Tore: 5. Vollenweider (L. Widmer) 0:1, 8. Otti (Wüthrich) 1:1, 10. Vollenweider (L. Widmer) 1:2, 10. d'Hooghe (Frauchiger) 1:3, 12. Walther 1:4, 14. d'Hooghe 1:5, 17. Walther (Wintsch) 1:6, 19. Zesiger (Hügli) 2:6 (PP);
21. Reusser (Hügli) 3:6, 22. L. Widmer (Bücheler) 3:7, 27. Wüthrich (Schlup) 4:7, 29. Zesiger (Reusser) 5:7, 30. Hügli (Zesiger) 6:7 (PP), 32. L. Widmer (Bücheler) 6:8, 33. Walther 6:9, 34. Otti (Hügli) 7:9, 35. Baumgartner (Vollenweider) 7:10, 36. Reusser (Baumann) 8:10, 37. Walther (Baumgartner) 8:11;
42. Otti (Hügli) 9:11, 44. Otti (Hügli) 10:11, 48. Baumgartner (Walther) 10:12, 51. Zesiger (Reusser) 11:12, 58. Wintsch (Voegtli) 11:13, 59. Zesiger (Hügli) 12:13, 60. (59:13) Zesiger (Otti) 13:13;
61. (60:04) Vollenweider (Bücheler) 13:14.
Strafen: UHC Kappelen 2-mal 2 Minuten, UHCevi Gossau 2-mal 2 Minuten.
UHCevi Gossau: Bieri; Vollenweider, Bücheler, L. Widmer; Baumgartner, Walther, d'Hooghe; Voegtli, Wintsch, Frauchiger; Leimbacher, Ehrensperger, Keller, Hürlimann.
UHC Kappelen: Bangerter (ab 14. Marolf); Zesiger, Hügli, Otti; Reusser, Baumann, Wüthrich; Schlup, Bürgi, Kocher, Scheidegger.
Bemerkungen: UHCevi Gossau ohne B. Widmer und Diener (überzählig). 53. Timeout Kappelen. 60. Timeout Gossau. Bestplayer: Zesiger (Kappelen) und Bücheler (Gossau).