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Meisterliche Leistung gegen die Canes!

Playoff

Am Samstag um 15:30 Uhr wurde «el clasicò» - wie das Spiel im Vorfeld bezeichnet wurde – von Schiedsrichter Schoch angepfiffen. Das ganze Vorgeplänkel zu diesem Knaller, das in den Vorschauen und Foren stattgefunden hatte, war zu diesem Zeit-punkt vergessen. Kurz zuvor äusserte sich Chef-Coach Krüger auf die Frage nach den eher kitschigen goldenen Canes Trikot dahingehend, dass auch der FC Barcelo-na ähnlich kitschige Auswärtstrikots hätte und da diese mindestens am Cupfinal Glück gebracht hätten, wolle man an diesen festhalten. Die Rollen waren also ver-teilt. Da die Canes diejenige des FC Barcelonas reklamierten, blieb dem Titelvertei-diger diejenige der Königlichen von Real Madrid oder des weissen Balletts, wie es auch schon an dieser Stelle geschrieben wurde.
Auf jeden Fall waren beide Teams topmotiviert als es losging. Geheimnisse gab es keine, zu gut kennen sich die beiden Rekordmeister gegenseitig mittlerweile. Trotz-dem hatten die Canes eine Woche zuvor ihren Scharfschützen Brotschi nach Blu-menstein geschickt, um die Gossauer zu beobachten und schon bei früheren Gele-genheiten wurde gelegentlich eine lange Gestalt mit tief ins Gesicht gezogene Base-ballmütze und Berner Dialekt sprechend geortet. Den Bernern war es also bitterernst. Die Zürcher Oberländer nutzten natürlich den Cupfinal, um allfällige Schwächen bei den Bernern zu orten und so waren beide Mannschaften bestens vorbereitet. So wunderte es auch nicht, dass zunächst die Taktik dominierte und das weisse Ballett nicht tanzte. Die Canes ergriffen sofort die Initiative, scheiterten aber immer wieder an den defensiv ausgezeichnet stehenden Zürchern. Brotschi versuchte es immer wieder aber Gossau war nicht Nuglar und der Ball wollte einfach nicht ins Netz. Nach sechs erfolglosen Versuchen der Berner kamen dann die ersten zwei der Zürcher und schon stand es 2:0. Vollenweider und Leimbacher trafen innerhalb 10 Sekunden und legten beim Titelverteidiger eine unglaubliche Effizienz an den Tag. Kurz darauf traf dann auch Brotschi auf der Gegenseite, aber der Treffer wurde vom aufmerksa-men Schiedsrichter aberkannt, da er abseits des Balles ein regelwirdriges Sperren von Lüthi ahnden musste. So blieb es beim 2:0 für das Heimteam, das weiterhin alle Angriffe der Berner parierte und gar noch zulegen konnte. 3:0 durch Baumgartner, und mit dem 4:0 durch Linus Widmer nahm auch der erste Block seine Torproduktion auf. Mit diesem Resultat ging es zum ersten Tee. Auch auf der VIP-Tribüne nahm man das Resultat mit Genugtuung zur Kenntnis, denn ein «Drittels-Shutout» gegen die Canes ist keine Selbstverständlichkeit.

Coach Krüger war also gefordert. Zu-sammen mit den Spielertrainern Lugin-bühl und Schwab wurden für die Fortset-zung neue Strategien entwickelt. Vier Tore sind bekanntlich im Unihockey auch gegen den Titelhalter nicht viel und wenn jemand in der Lage wäre so ein Ding zu drehen, dann sicher die Canes. Bei Gos-sau gab es dagegen kaum etwas zu ver-ändern. Defensiv solid weitermachen und mit derselben Effizienz in der Offen-sive agieren, weisses Ballett hin oder her.
Wild entschlossen kamen die Canes nach dem Tee wieder aufs Feld. Auf die Bemerkung des Reporters, dass er sein obligate Goal schon geschossen habe, das aber «leider» nicht zählte entgegne-te Brotschi, dass das schon noch kom-men würde und er immer näher an den Erfolg herankomme. Nun das waren ja glänzende Voraussetzungen für das
zweite Drittel. Krüger gönnte nun Zurflüh eine schöpferische Pause und brachte in der ersten Formation an seiner Stelle Moesch. Die taktischen Änderungen brach-ten aber nicht den erwünschten Erfolg. Im Gegenteil. Als Flury nach gut fünf Minuten mit einem Brutalo-Foul Keller in die Banden beförderte, kassierte dieser eine wohlver-diente Zweiminutenstrafe. Nach genau 17 Sekunden war es dann Bücheler auf Pass von Keller, der mit dem 5:0 die passende Antwort auf Flurys Aktion gab. Dann geschah lange nichts Zählbares mehr. Immer wieder scheiterten die Canes an der Gossauer De-fensive angeführt von Torhüter Pascal Bieri, der wohl seine beste Partie in den Gossauer Farben ablieferte. Dieser vollbrachte eine Wundertat nach der anderen und brachte die Canes beinahe zur Verzweiflung. Vier Minu-ten vor Schluss des Drittels nahm dann Ja-mes Bücheler einen Zweiminüter. Männiglich glaubte nun, dass es endlich den ersten Ber-ner Treffer zu bejubeln gäbe, aber Zurflüh nahm nur 14 Sekunden später seinem Team den Vorteil der numerischen Überlegenheit und wanderte seinerseits in die Kühlbox.
Mit zwei gegen zwei ging es also weiter. Eine kleine Unachtsamkeit der Berner nütz-te Leimbacher zum 6:0 aus aber dann konnten die Berner doch noch zum ersten Mal jubeln: Luginbühl brachte die Kugel endlich an Bieri vorbei zum 6:1. Nur einer war mit diesem Verdikt nicht einverstanden. Eine Minute vor Schluss hämmerte Keller den Ball beinahe von der Mittellinie unter die Latte von Zbinden und der 6-Tore Abstand war wieder hergestellt. Tea-Time mit 7:1. Jedes andere Spiel wäre damit entschie-den, aber wenn der Gegner Canes heisst, ist selbst ein Sechstorevorsprung noch nicht genug.
Klar, dass sich die Canes noch nicht aufgegeben hatten und nach wie vor daran glaubten, dass Spiel zu drehen. Unter den Experten fragte man sich nur, wie lange es im letzten Drittel dauern würde, bis der Cupsieger auf 4:3 umstellen würde. Dass die Gossauer im 3:4 eine Woche zuvor gegen Blumenstein gewisse Schwächen zeigten, war dem Spion Brotschi kaum entgangen und so stand noch ein spannen-des letztes Drittel bevor.
Wie in den Dritteln zuvor ereignete sich zunächst wieder kaum etwas. Das Defensiv-konzept des Titelverteidigers funktionierte nach wie vor ausgezeichnet und die Kon-ter waren brandgefährlich. Ein Doppelschlag in der 47.Minute durch Leimbacher und Baumgartner (immer wieder er) brachte das vorentscheidende 9:1. Vorentschei-dend? Jetzt nahm Krüger sein Timeout und es kam was kommen musste. Die spiel-starken Canes nahmen Torhüter Zbinden heraus und spielten mit vier Feldspielern. Und nun wurde es richtig gefährlich. Genau 3 Minuten benötigten sie um drei Tore zu erzielen. Das 9:4 sah nicht mehr so brutal aus und wenn mit dieser Kadenz weiter gepowert würde, wäre der schöne Vorsprung bald dahin. Nun war es an den Gossauern ihr Timeout zu beziehen. Der Schüleraufsatzschreiber war selbstver-ständlich nicht dabei, aber sicher wurde dabei kritisiert, dass man zuerst einen allfäl-ligen Ballbesitz absichern und nicht gleich einen unsicheren Empty-Netter anstreben sollte. Zwar musste dann noch eine Zweiminutenstrafe hingenommen werden und das 9:5 mit vier gegen zwei erzielt musste nicht lange auf sich warten lassen. Mit Vollbestand konnte man sich gegen die ungestümen Angriffe besser wehren und es gelang Vollenweider sogar der Empty-Netter zum 10:5. Als dann Linus Wid-mer eine gute Minute vor Schluss das 11:5 markie-ren konnte, war der Mist geführt. Michael Flurys 11:6 Anschlusstreffer – das erste Berner Goal bei nu-merischem Gleichstand – war dann nur noch für die Statistik interessant.
Der Sieg des Titelverteidi-gers ging auch in der Höhe in Ordnung. Eine solide Defensive mit einem her-vorragenden Torhüter Bieri bildete die Basis. Dazu war man in der Offensive effizi-ent und auch in gewissen Situationen auch cleverer. Es wäre aber verfehlt, den Ber-nern einen schwachen Auftritt zu unterstellen. Gossau liess einfach nicht mehr zu. Selbst Markus Schwab musste neidlos anerkennen, dass die Zürcher die kleinsten Fehler brutal in Zählbares umzumünzen verstanden. «Aber auf diesem hohen Niveau Unihockey zu spielen, mache Spass», meinte er lachend und gab damit zu ver-stehen, dass die Canes noch lange nicht fertig haben.
So schön sich der Sieg gegen den Erzriva-len auch anfühlt, gewonnen ist damit noch nichts. Am nächsten Samstag in Gümligen beginnt alles wieder bei null. Und wenn dann die Canes nicht in ihren unsäglichen «goldenen» Trikots antreten werden son-dern in ihren gewohnten All-Blacks, dann haben wir noch einiges zu erwarten, denn auch nach der Partie vom Samstag gibt es keinen Favoriten in dieser Halbfinal-Playoff-Serie.

Matchtelegramm

UHCevi Gossau - Berner Hurricanes 11:6 (4:0,3:1,4:5) 
Berufsschule Uster, Zuschauer 150, SR Schoch.
Tore: 08:41 Vollenweider (Baumgartner) 1:0, 08:51 Leimbacher (Künzler) 2:0, 13:30 Baumgartner (Vollenweider) 3:0, 16:24 L. Widmer 4:0;
25:25 Bücheler (Keller) 5:0, 27:16 Leimbacher (B. Widmer) 6:0, 38:06 Luginbühl 6:1, 38:21 Keller (L. Widmer) 7:1;
46:12 Leimbacher (B. Widmer) 8:1, 46:41 Baumgartner 9:1, 49:08 Schwab (Zurflüh) 9:2, 50:24 Zurflüh 9:3, 51:23 Flury (Luginbühl) 9:4, 53:45 Luginbühl 9:5, 55:37 Vol-lenweider (Baumgartner) 10:5, 58:22 L. Widmer (Keller) 11:5, 59:30 Flury 11:6.
Gossau: Bieri; Bücheler, L. Widmer, Keller; Künzler, Leimbacher, B. Widmer; Luchs-inger, Vollenweider, Baumgartner; Huber.
Canes: Zbinden; Schwab, Luginbühl, Zurflüh; Lüthi, Brotschi, Kiener; Eichenberger, Moesch, Flury; Wohlfender.
Strafen: 3x2Min. Gossau, 3x2Min. Canes
Bemerkungen: Diener bei Gossau nicht eingesetzt (überzählig) und Patrick Huber bei Comeback ebenfalls überzählig. Bestplayer: Bieri (Gossau), Luginbühl (Canes)