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Schweizermeister, zum 7. Mal

Playoff

Was wurde nicht alles geschrieben, erzählt und geflunkert im Vorfeld des zweiten Playoff-Finalspiels gegen Blau-Gelb Cazis in Chur. Reto Voneschen von unihockey.ch wollte gar wissen, dass Cazis die Nationalhymne rätoromanisch singen lasse und dass Cazis den Schlüssel zum Erfolg kenne, während sich Gossau auf die Statistik verlassen würde, die besagt, dass es erst in der Unihockeysteinzeit - vor 13 Jahren - einem Kleinfeldteam gelungen sei, ein 0:1 in der Serie zu kehren. In der Südostschweiz war ein längeres Interiview mit Mirco Schatz, dem Coach der Blau-Gelben, zu lesen, in welchem immer hin die Favoritenrolle mit 50 zu 50 angegeben wurde. Nur der Zürcher Oberländer meinte in seiner App, dass die Finalsieger bei Damen und Herren in die NLB aufsteigen würden...

Zahlreiche erwartungsfrohe Zuschauer fanden sich in der altehrwürdigen Sporthalle der Gewerblichen Berufsschule in Chur, in welcher Piranha Chur schon den einen oder anderen Meistertitel feiern konnte. Es waren genau 221 Zuschauer - da nahm man es beim Organisator ganz genau - denn man erhob - für Kleinfeld-Unihockey eher unüblich - einen Eintrittspreis. Der Ehrenrettung halber sei erwähnt, dass man fürs Geld auch etwas zu sehen bekam, aber Schule machen sollte das trotzdem nicht. Auch im Zürcher Oberland sind die Hallen, die man mangels einer eigenen Sportstätte mieten muss, nicht gratis zu haben.

Immerhin die Nationalhymne lief in Chur im Gegensatz zu Turbenthal pannenfrei ab. Die Idee, diese live singen zu lassen war in der Tat eine originelle Idee, auch wenn sich der Schreiberling wie angekündigt schon auf «En l'aurora la damaun...» gefreut hatte, wurde der deutsche Text gesungen...

Genug des Geplänkels. Das sagten sich auch die Gossauer Titelverteidiger und sie starteten rasant ins Spiel. Keine Minute war gespielt, als ein nicht allzu scharfer, aber verdeckt abgegebener Schuss von Basil Widmer dem Bündner Torhüter entglitt und zur frühen Führung in die Maschen kullerte und kaum eine Minute später war es Matthias Baumgartner, der einen Fehler in der Hintermannschaft der Steinböcke brutal bestrafte und seine Farben mit 2:0 in Front brachte. Das gab sehr viel Selbstvertrauen und die Mission Titelverteidigung schien schon früh in die richtigen Bahnen zu kommen. Cazis war bemüht und kämpfte mit viel Einsatz, zuviel Einsatz als Adrian Vollenweider sich durch die Abwehr tankte und von Stegmann nur noch regelwidrig gestoppt werden konnte. Den fälligen Penalty brachte allerdings Bücheler nicht an Adrian Koch vorbei, und die anschliessende Zweiminutenstrafe brachten die Cazner unbeschadet über die Runden. Damit waren auch die Heinzenbeger im Spiel und man sah, dass beide Defensiven hervorragend eingestellt waren und nicht manches Tor zulassen sollten. Umso wertvoller war der erfolgreiche Blitzstart der Gossauer, wie sich herausstellen sollte. Eine kleine Unaufmerksamkeit in der Zürcher Abwehr führte dann doch noch zum Anschlusstreffer. Capatt erspähte die Lücke, spielte präzis durch den Slot, wo Björn Söderberg zum 1:2 vollendete. Dabei blieb es, trotz einer Zweiminutenstrafe gegen Gossau, bis zur ersten Sirene.

2:1 für den Titelverteidiger. Ein Tor Vorsprung ist nicht viel, aber das Pausenresultat war deutlich besser als vor einer Woche, als man gar 2:5 zurücklag. Noch war jeder Spielausgang möglich, aber auf Zürcherseite war man zuversichtlich.

Umso zuversichtlicher wurde man, als nach drei Minuten im zweiten Drittel Yves d'Hooghe erneut einen Fehler bei Cazis ausnützte und zum 1:3 einnetzte. Kurz vor Hälfte der Partie spielte Hürlimann seine ganze Routine aus. Während er die Kugel gegen  die verteidigenden Cazner routiniert hielt,  wartete er geschickt bis Baumgartner in der richtigen Position war und spielte den Pass haargenau. Baumgartner hielt drauf und schon zappelte die Kugel im Netz. Das sah doch schon ganz gut aus, aber die Erfahrung lehrt, dass selbst der Branchenprimus schon Dreitorevorsprünge verspielt hat. Umso mehr als 30 Sekunden vor Ende des Drittels Linus Widmer wegen Spielens ohne Stock in die Kühlbox geschickt wurde. Und sogleich kamen die Bilder vom Hinspiel in Turbentahl hervor, als die Situation ganz ähnlich war, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen und gerade jene Strafe den Umschwung einleiten sollte. Nun, die Ereignisse wiederholten sich glücklicherweise nicht und der Dreitorevorsprung hatte auch noch in der zweiten Pause bestand. Aber es blieben noch weit über eine Minute Überzahl bei Cazis.

Trotzdem war man sich auf Zürcher Seite einig, dass die Saison nur noch ein Drittel dauern sollte, allerdings war man sich ebenso einig, dass noch ein hartes Stück Arbeit bevorstehen sollte.

Die Blau-Gelben hatten sich dann aber etwas Besonderes ausgedacht. Sobald sie die Kugel in ihrem Besitz hatten, nahmen sie den Torhüter heraus und stürmten zu viert gegen die zwei Gossauer. Und wieder war es Capatt, der mit einem präzisen Pass auf die Schaufel von Bebi, das 2:4 einleitete. Als dann Adrian Vollenweider eine weitere Strafe nahm, wiederholte Cazis die erfolgreiche Taktik von eben und wieder war es Capatt, der die Schaufel von Söderberg genau traf und schon stand es 3:4. Wurde es nun noch einmal spannend? Mindestens die Nerven der Anhänger aus dem Zürcher Oberland flatterten, aber nicht diejenige der Titelverteidiger. Weitere Strafen vermeiden, war das Motto, das vermittelt wurde und das gelang auch. Im Gegenteil, es war dann Nold, der als nächster endlich einmal - wiederholtes Vergehen - für zwei Minuten aus dem Verkehr gezogen wurde. Genau 20 Sekunden später wurde das brutal bestraft. Bücheler lancierte Hürlimann wunderbar und dieser liess sich die Chance nicht nehmen: 3:5. Das gab doch wieder etwas Luft und solange Gossau mit numerischen Gleichstand agieren konnte, war kaum Gefahr. Noch waren gut fünf Minuten zu spielen, als Bebi - auch er wegen wiederholten Vergehens - die Strafbank aufsuchen musste. Gossau wählte nun die Taktik, die Zeit herunterzuspielen, um nicht über einen überhasteten Abschluss, den Ballbesitz preiszugeben. Das Vorhaben gelang zwar, Cazis schoss kein Tor, Gossau aber auch nicht. Kaum war dann die Strafzeit abgelaufen, nahmen die Heinzenberger ihr Timeout. Man ahnte was kommen würde. Mit Vier zu Drei sollten die Kohlen noch aus dem Feuer geholt werden. Die Titelvereidiger waren aber auf diese Szenario vorbereitet. Der an diesem Abend überirdische Bieri hatte eben wieder eine brenzlige Situation entschärft, spielte blitzschnell auf Matthias Baumgartner und dieser traf von hinter der Mitellinie ins verwaiste Tor. Der Dreitorevorsprung knapp zwei Minuten vor dem Ende war mindestens die halbe Miete. Die Bemühungen von Cazis wurden zwar mit dem 4:6 noch belohnt, aber 16 Sekunden vor Schluss war dieser Treffer zu spät, um noch Unheil anzurichten.

Damit war der 7. Meistertitel und das 4. Double im Trockenen. Beides sind selbstverständlich Rekordwerte und auch mit dem 11. Titel insgesamt hat man mit den legendären Berner Hurricanes gleichgezogen. Die Freude war natürlich gross und man soll noch lange gefeiert haben, umso mehr, als kurz vor 22:00 Uhr die Meldung aus dem Kanton Freiburg kam, dass auch die Damen den Titel verteidigt hätten.

Ein besondrer Dank gehört den treuen Fans! Obwohl zahlenmässig unterlegen, waren die erzeugten Dezibel nicht wesentlich geringer als diejenigen der Bündner. Und damit leisteten auch sie ihren Beitrag zum 7. Meistertitel.

Cazis auf der anderen Seite darf der entgangenen Goldmedaille nicht nachtrauern und soll sich über Silber freuen, auch wenn die einen kurz nach der Übergabe ihre Silbermedaille in den Hosentaschen verschwinden liessen. Es waren spannende und emotionale Finalspiele, die beste Werbung fürs Kleinfeldunihockey waren. Dreimal (inklusive Ligacup-Halbfinal) stand man sich in dieser Saison gegenüber und ebensovielmal hiess der Sieger UHCevi Gossau. Die Blau-Gelben aus Cazis sind nahe dran, es fehlt nur wenig, aber das letzte Stück ist ein unendlich hartes Stück Arbeit. Auf jeden Fall Ausruhen auf den - zugegebenermassen reichlichen - Loorbeeren darf sich der UHCevi Gossau nicht, die Konkurrenz - und die ist zuvorderst Blau-Gelb - schläft nicht. Immerhin steht mit Silvan Frank, Marc Brüllhardt und Reto Ehrensperger eine starkes Junioren Trio in den Startlöchern, die für Kontinuität sorgen werden, sollte der eine oder andere Rücktritt erfolgen. Noch ist es aber nicht so weit und die Jungs sind noch lange nicht satt. Den ans Feiern von Titeln wird man sich nie gewöhnen und jeder Titel hat wieder eine andere, eine neue und eigene Geschichte.

Damit gönnen wir den gefeierten Helden die wohlverdiente Sommerpause, bedanken uns bei allen unseren geduldigen Lesern und sind dann bestimmt wieder rechtzeitig bereit, wenn die Saison 2014/15 eingeläutet wird.

Matchtelegramm
Blau-Gelb Cazis - UHCevi Gossau 4:6 (1:2,0:2,3:2)
Gewerbliche Berufsschule, Chur– 221 Zuschauer. – SR Marc Preisig-.
Tore: 1. B. Widmer 0:1, 2. Baumgartner 0:2, 14. Söderberg (Capatt) 1:2;
23. d'Hooghe 1:3, 30. Baumgartner (Hürlimannn) 1:4; 
41. Bebi (Capatt) 2:4 (PP), 49. Söderberg (Capatt) 3:4 (PP), 52. Hürlimann (Bücheler) 3:5 (PP), 59. Baumgartner (Bieri) 3:6, 60. (59:44) Bebi 4:6.
Strafen: UHCevi Gossau 4-mal 2 Minuten, Cazis 3-mal 2 Minuten.
UHCevi Gossau: Bieri; Hürlimannn, B. Widmer, Keller; Bücheler, L. Widmer, Baumgartner; d'Hooghe, Vollenweider, Walther; Leimbacher.
Cazis:egner: A. Koch; Capatt, Söderberg, Neuhaus; Werthan, B. Koch, Stegmann; Bebi, Hardegger, Nold; Fausch, Marugg, Vaerini.
Bemerkungen: UHCevi Gossau ohne Wintsch (verletzt) sowie ohne Diener  und Brüllhardt (überzählig). 8. Penalty UHCevi Gossau verschossen, 57. Timeout Cazis. Bestplayers: Adrian Capatt und Pascal Bieri