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Sensation haarscharf verpasst

Ligacup

Es lief die 55. Minute, der Kampf stand auf des Messers Schneide und jedem in der Halle war klar, dass das nächste Tor das Entscheidende sein könnte. Gossau lancierte einen mustergültigen Angriff, der letzte Pass kam präzise auf die Schaufel von Ehrensperger, das Tor stand weit offen, Ehrensperger gab dem Ball die richtige Richtung und das Publikum hob bereits zum Torschrei an. Und dann kam Samuel Bangerter, der Zerberus der Seeländer mit einem Big Save der gar nicht möglich ist. Wie er diesen gut platzierten Ball aus der Ecke holte grenzt an Hexerei und er wird in 50 Jahren noch seinen Enkeln erzählen, wie er diese Kugel noch gefischt hatte...

Anstatt 11:10 für Gossau hatte Kappelen Ballbesitz, lancierte umgehend den Gegenangriff und Matthias Otti traf humorlos zum 10:11. Nun konnte Kappelen hinten sichern und auf Konter laueren, während Gossau mehr Risikon eingehen musste. Die Rechnung ging für die Zürcher Oberländer nicht auf. Die Seeländer waren zu abgebrüht, nutzten die Konter eiskalt aus siegten am Ende mit 15:10 deutlich zu hoch, gemessen am ausgeglichenen Spiel.

Der UHC Kappelen präsentierte sich schon im letzten Playoff-Final als ausserordentlich spielstarke Mannschaft. Mit den Zuzügen von Sandro Bieli und Michael Rufener von Mitkonkurrent Blumenstein brachte man das Team noch einmal einen bedeutenden Schritt nach vorne. Wer gehofft hatte, dass die beiden Mühe hätten, sich ins Spiel der Seeländer zu integrieren, sah sich getäuscht, denn die beiden setzten Akzente und fügten sich nahtlos in die sonst schon starke Mannschaft ein. Deshalb war die Favoritenrolle klar bei den Bernern und es wäre eine Überraschung gewesen, wenn sie in den Viertelfinals auf der Strecke geblieben wären.

Genau diese Überraschung wollten die Gossauer schaffen. Zwar befindet sich das Team in Umbruch, die Jungen sollen zunehmend Verantwortung übernehmen und die Routiniers diesbezüglich entlasten, aber mit einem cleveren Gameplan, mit der Erfahrung aus zahlreichen Playoff- und Ligacuppartien auf höchster Ebene könnte sich dann vielleicht doch noch ein Türchen öffnen.

Der erwartet Blitzstart der Kappeler blieb zwar aus, trotzdem führten diese nach gut sieben Minuten mit 2:0 bevor sich dann bei Hälfte des ersten Drittels auch Gossau - kurz nach einem Knaller an die Lattenunterkante von Nicky Walther - im Spiel meldete - und wie! Der Rückstand wurde in einen Vorsprung verwandelt, der darauffolgende Ausgleich mit dem 4:3 beantwortet und als dann Kappelen seinerseits wieder die Führung an sich riss, war es Thomas Hürlimann, der kurz vor Drittelspause mit dem 5:5 erneut ausgleichen konnte. Es war das 100. Ligacup Tor vom UHCevi Gossau in dieser Saison.

Ein ausgeglichener Spielsgtand gegen Kappelen nach dem ersten Drittel war für Gossau keine schlechte Ausgangslage. Die Anhänger waren zuversichtlich, dass die Überraschung gelingen könnte. Das ausgeglichene Spiel bewegte sich - auch wenn vielleicht der eine oder andere Treffer beidseits zu verhindern gewesen wäre - auf einem hohen Niveau und das Tempo war enorm. Den Zuschauern wurde etwas geboten!

Im zweiten Drittel gab es dann die erste Strafe für David Wüthrich. Der «Ustermer»-Powerplay Block mit liess sich nicht zweimal bitte und Keller schoss seine Farben in Führung, die bis über die Hälfte der gesamten Spielzeit anhielt. Es gelang aber den Einheimischen nicht, die Führung auszubauen. Ganz im Gegenteil, sie begannen beinahe zu schwimmen, als Kappelen mit zwei Blöcken einen Gang höher schaltete. Der Ausgleich musste kassiert werden und als in der letzten Minute die «All Blacks» mit 7:6 wieder vorne lagen rechneten alle mit einem Rückstand bei der zweiten Drittelspause. Nicht damit einverstanden war Linus Widmer, der kurz darauf zum vielbejubelten Ausgleich traf. Der Rekordmeister nahm bei eigenem Ballbsitz Torhüter Bieri heraus und überraschte Kappelen mit einer 4:3 Situation.

7:7 nach zwei Dritteln. Alles noch offen, immer noch zwei Teamss auf Augenhöhe, die Spanung unerträglich, nicht nur der Schreiber mit den Nerven am Ende...

Das Nervenspiel ging weiter. Längst war allen klar, dass am Ende ein klitzekleines Nichts den Ausschlag für Sieg oder Niederlage sein würde. 
Kurz nach Wiederaufnahme lag Gossau dank James Bücheler wieder vorne. Die Freude dauerte aber nicht lange. Dann lag Kappelen vorne und die Seeländer Freude dauerte ebenso kurz wie diejenige der Einheimischen. Voegtli hatte zum 9:9 getroffen! Kurz darauf Penalty für Kappelen, Bieri entschärft brillant Ottis Versuch, aber im Powerplay liess der Schweizermeister nichts anbrennen und Marc Reusser realisierte eiskalt. Sechs Sekunden später vergällte Hürlimann die Freude der Seeländer mit dem 10:10 Ausgleich und was dann folgte, siehe oben.

Am Ende waren sich alle einig, ein absolut hochklassiges Kleinfeldmatch gesehen zu haben. Trainier Vollenweider meinte, dass es das beste Gossau der Saison 2015/16 gewesen sei und Trainer Fankhauser sah sein Team mit physischen Vorteilen in den letzten 5 Minuten. Gossau habe mit zwei Blöcken begonnen und es seien dann dieselben Leute gewesen, die dann beim vier zu drei die Wende hätten schaffen sollen. David Baumann andrerseits bemerkte schmunzelnd, dass sie das vier zu drei der Gossauer im Video analysiert hätten und die Hausaufgaben selbstverständlich erledigt gemacht hätten. Auf die Frage, ob Kappelen jetzt das Ding durchziehen würde und am Ende das Double holen würde, hielt Michel Fankhauser den Ball flach und floskelte, dass die Playoffs ihre eigenen Regeln hätten. Wir halten aber daran fest, dass Kappelen nicht nur DER Favorit für den Ligacup ist, sondern auch für den Schweizermeistertitel die Favoritenrolle nicht wegdiskutieren kann. Drei absolut ausgeglichene Blöcke, die 60 Minuten lang ein hohes Tempo gehen können, da werden noch ander Mannschaften die Zähne daran ausbeissen. Den Gossauern bleibt nun «nur» noch die Meisterschaft aber Trainer Vollenweider äusserte sich nach der gebotenen Vorstellung seiner Mannschaft überzeugt: «Wir kommen wieder!»

Zunächst gratulieren wir Kappelen zum Sieg im vorgezogenen Cupfinal. Der Vollzug in Bern dürfte dann nur noch Formsache sein. Auch die Kappeler durften mit dem 15:10 durch Kevin Hügli ihr 100. Ligacup-Goal in dieser Saison feiern. Aufgefallen ist, weil er nicht auffiel, Schiedsrichter Hercli Christoffel. Er behielt stets die Übersicht, bewies das nötige Fingerspitzengefühl und hatte einen klaren Massstab. Die Verantwortlichen beim Verband werden bei der Nomination für den Cupfinal nicht an Hercli Christoffel vorbeikommen!

Matchtelegramm
UHCevi Gossau – UHC Kappelen 10:15 (5:5, 2:2, 3:8)
Dreifachhalle Zentrum, Wetzikon. – 200 Zuschauer. – SR H. Christoffel.
Tore: 03:56 Wüthrich (Otti) 0:1, 07:17 Reusser (Hügli) 0:2, 09:28 L. Widmer (Keller) 1:2, 13:30 Wintsch (d'Hooghe) 2:2, 14:41 Bücheler (Frauchiger) 3:2, 14:55 Baumann (Hügli) 3:3, 17:24 d'Hooghe 4:3, 17:42 Bieli (Otti) 4:4, 17:52 Rufener 4:5, 19:11 Hürlimann (L. Widmer) 5:5;
25:39 Keller (Hürlimann) 6:5 (PP), 33:35 Rufener (Baumann) 6:6, 39:03 Otti 6:7, 39:28 L. Widmer (Hürlimann) 7:7 (4:3);
40:55 Bücheler (Ehrensperger) 8:7, 42:10 Wüthrich (Bieli) 8:8, 44:47 Wüthrich (Otti) 8:9, 45:14 Voegtli 9:9, 53:23 Reusser (Zesiger) 9:10 (PP), 53:29 Hürlimann (L.Widmer) 10:10, 54:36 Otti (Hügli) 10:11, 56:25 Hügli (Otti) 10:12, 57:01 Bieli 10:13 (Empty Netter), 57:38 Hügli (Wüthrich) 10:14 (Empty Netter), 58:52 Hügli 10:15 (Empty Netter).
Strafen: UHCevi Gossau  1-mal 2-Minuten (Ehrensperger), UHC Kappelen 1-mal 2 Minuten (Wüthrich).
UHCevi Gossau: Bieri; Hürlimann, Keller (ab 41. Voegtli), L. Widmer; Bücheler, Frauchiger (ab 41. Keller), Ehrensperger; Wintsch, d'Hooghe, Walther.
Kappelen: Bangerter; Otti, Wüthrich, Bieli; Zesiger, Rufener, Baumann; Bürgi, Hügli, Reusser.
Bemerkungen: UHCevi Gossau ohne Leimbacher und Diener, B. Widmer, Baumgartner, Frank (überzählig). 52:51 Bieri hält Penalty von Otti, 57:36 Timeout UHCevi Gossau. Bestplayer: Thomas Hürlimann (Gossau) und K. Hügli (Kappelen).