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Sieg in letzer Minute aus der Hand geglitten

Ligacup

58:40 zeigt die Matchuhr. Eben hat Nicky Walther den vermeintlichen Game-Winner zum 11:10 erzielt. Trainer Garaventa von Muotathal nimmt sein Time-Out. Dieses kommt den Zürchern gerade recht, um von der Euphorie wieder herunterzukommen und den Rest des Spiels konzentriert zu Ende zu spielen. Noch 80 Sekunden bis zum doppelten Triumph...

Es ist jedem in der Halle klar, dass die Innerschwyzer jetzt so schnell wie möglich den Torhüter herausnehmen würden und mit 4:3 das Unmögliche möglich machen wollten. Auf der Trainerbank bei den Zürchern bleibt es merkwürdig ruhig, nicht aber auf der Tribüne unmittelbar über der Gossauern. Und die Befürchtungen wurden wahr, nur 18 Sekunden nach Wiederaufnahme des Spiels liegt der Ball im Netz von Bohli. Die Gossauer verlieren das Bully, die Innerschwyzer lassen den Ball geschickt in den eigenen Reihen zirkulieren und finden den völlig freistehenden Remo Bettschart der ohne Probleme einnetzt. Doch es kommt noch schlimmer, die euphorisierten Muotathaler sind nun so richtig in Fahrt gekommen und mit allen Kräften und noch mehr ist es derselbe Remo Bettschart, der die Kugel zum 11:12 ins Tor prügelt. Die Matchuhr zeigt 59:59. Aus, vorbei!

Doch der Reihe nach: Über die Favoritenrolle im Vorfeld des Cupfinals waren sich die Experten nicht einig. Muotathal hat in der Meisterschaftsrückrunde mit einem eindrücklichen Lauf seine Stärke gezeigt und sich mit 8 Siegen (auch gegen Gossau) auf einen Playoffplatz festgesetzt. Die Zürcher Oberländer ihrerseits schlossen die regular Season mit drei Niederlagen ab, ohne dabei aber den Playoffplatz zu gefährden. Immerhin der Halbfinal gegen den Branchenleader Lengnau gab den Zürchern viel Zuversicht für den Cupfinal. Einig war man sich aber darüber, dass der Spielausgang ein knapper sein würde. Dass er dann so knapp würde, das konnte man nicht voraussehen.

Den Gossauern – obwohl bereits zum 5. Mal im Cupfinal – war zu Beginn eine gewisse Nervosität anzusehen. Muotathal nützte das sofort aus und ging nach gut einer Minute mit einem für die Gossauer ganz blöden Holperball in Führung. Das war nun aber das Wecksignal. Noch in der gleichen Minute glich Bücheler aus und das Spiel begann von neuem. Die Nervosität hatte sich nun gelegt und die Gossauer standen defensiv kompakt. Als dann Künzler nach wiederholtem Vergehen – Schiedsrichter Frauenknecht hatte sehr genau hingesehen – in die Kühlbox geschickt wurde, konnte man sich im Boxplay üben, allerdings nur 22 Sekunden bis Wyler die Innerschwyzer erneut in Front schoss. Kurz darauf spielte sich das Ganze auf der anderen Seite ab. Powerplay für Gossau, Tor nach ebenfalls 22 Sekunden durch Bücheler auf Pass von Keller. Alles war wieder auf der Reihe. Als dann die Gossauer erstmals in Führung gingen und kurz darauf diese gar ausbauten, hatte sich die Nervosität auch auf der Tribüne gelegt. Wylers Anschlusstreffer war zwar ärgerlich, aber beunruhigte nicht sehr.

Im zweiten Drittel trat dann Gossau souverän auf. Bis zur Hälfte des Spiels hatte man sich durch zwei Tore von Leimbacher einen Dreitorevorsprung erarbeitet und man erinnerte sich an den Damencupfinal zurück, in welchem bei Halbzeit ebenfalls ein Dreitorevorsprung war und der hatte ja bekanntlich bis am Schluss gereicht. Das Anschlusstor der Innerschwyzer konterte Linus Widmer kurz darauf mit dem 7:4. Noch waren vier Minuten im zweiten Drittel zu spielen. Ein weiteres Gossauer Tor noch und der Sack könnte zugemacht werden. Tja, das sahen die Muotathaler nicht so. Einmal mehr Wyler hatte etwas dagegen und verkürzte erneut. Noch war das kein Beinbruch. Mit einer Zweitoreführung in die zweite Pause zu gehen, wäre immer noch nicht schlecht. Aber 37 Sekunden vor Schluss des zweiten Drittels sah SR Frauenknecht erneut sehr, sehr genau hin und schickte Walther wegen wiederholtem Vergehen auf die Strafbank. Die Box wehrte sich hervorragend, eroberte sich den Ball und schuf eine Überzahlsituation vor dem Muotathaler Tor. Auf der Tribüne wollte man bereits den Shorthander bejubeln, als der Ball vom Torhüter abprallte. Der Gegenstoss war so lanciert, die Gossauer Box stand im Schilf und Muotathal war mit dem 6:7 wieder dran. Ein ganz ärgerlicher Schluss des zweiten Drittels

Das letzte Drittel war dann an Dramatik nicht mehr zu überbieten. Nur eine Minute nach Linus Widmers 8:6 schoss Wyler – immer wieder er – das 8:7 und drei Minuten später das 8:8. Nur 18 Sekunden später Kellers 9:8 und weitere 22 Sekunden später der erneute Ausgleich zum 9:9. Die Nerven waren zum Zerreissen. Jedes weitere Tor würde die Entscheidung bringen. Drei Minuten und 35 Sekunden vor Schluss das 10:9 der Muotathaler. Resignation auf der Tribüne aber nicht beim UHCeviGossau. James Bücheler zum Ausgleich und Nicky Walther 80 Sekunden vor Schluss kippten das Spiel erneut. Was dann geschah, siehe oben.

Es war eine ganz bittere Niederlage. Der Schock stand den Spielern und den Zürcher Zuschauern noch lange im Gesicht. Es hat sicher nicht die bessere Mannschaft, sondern die glücklichere gewonnen. Natürlich kann man nach dem Spiel Fehler suchen, und analysieren was man besser hätte machen können. Und wenn der Ball angeblich beim 12:11 nicht hinter der Linie gewesen sein sollte, bringt das jetzt auch nichts mehr. Das Verdikt ist so wie es ist. Wir gratulieren den Muotathalern sportlich zu ihrem Cupsieg. Immerhin bleibt der kleine Trost, dass beide Gossauer Teams mit ihren hochdramatischen Spielen beste Werbung für das Kleinfeld Unihockey betrieben haben.

Matchtelegramm

UHC KTV Muotathal - UHCevi Gossau 12:11 (3:4, 3:3, 6:4)
Neue Wankdorfhalle, Bern. 652 Zuschauer. SR Frauenknecht.
Tore: 2. B. Betschart (Wyler) 1:0. 2. Bücheler (Keller) 1:1. 10. Wyler (B. Betschart) 2:1. 12. Bücheler (Keller) 2:2. 15. L. Widmer (Keller) 2:3. 17. Leimbacher (B. Widmer) 2:4. 19. Wyler (B. Betschart) 3:4.
25. Leimbacher (B. Widmer) 3:5. 28. Leimbacher 3:6. 33. U. Betschart (Re. Betschart) 4:6. 36. L. Widmer (Bücheler) 4:7. 37. Wyler (B. Betschart) 5:7. 40. U. Betschart (M. Schelbert) 6:7.
49. L. Widmer (Bücheler) 6:8. 50. Wyler (B. Betschart) 7:8. 53. Wyler (Nauer) 8:8. 53. Keller (Bücheler) 8:9. 53. Wyler (Nauer) 9:9. 57. Nauer (Wyler) 10:9. 57. Bücheler (Keller) 10:10. 59. Walther (Leimbacher) 10:11. 59. Re. Betschart (U. Betschart) 11:11. 60. Re. Betschart 12:11.
Muotathal: M. Schelbert; Gwerder, S. Betschart, Nauer, Brandenberger, A. Schel-bert, D. Schelbert, Remo Betschart, Rolf Betschart, Marty, U. Betschart, B. Betschart, Heinzer, Wyler.
Gossau: Bohli; Bücheler, L. Widmer, Keller; Luchsinger, Leimbacher, B. Widmer; Künzler, Walther, Baumgartner; Ambühl, Wintsch, Meier
Strafen: 1mal 2 Minuten gegen UHC KTV Muotathal. 3mal 2 Minuten gegen UHCevi Gossau.
Bemerkungen: Meier, Ambühl und Wintsch bei Gossau nicht eingesetzt (überzählig), ohne d’Hooghe (verletzt) und Vollenweider (Ausland).