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Silber für die Herren

Playoff

Nach dem zweiten Spiel wollte man den verpassten Chancen nicht nachtrauern und fokussierte schon am Samstagabend auf das dritte Spiel am Sonntag in Kappelen. Das Video wurde analysiert und Strategien entwickelt, um den Titel doch noch zu holen. Dass der vermeintliche Ausgleichstreffer gemäss Video-Aufzeichnung gerademal eine Zehntelssekunde zu spät kam, ärgerte zwar noch, aber das Golden Goal hätte man dann auch noch erzielen müssen. Ein Golden Goal, das allerdings auch die Kappeler hätten schiessen können, und dann wäre auch der Ausgleich in letzter Sekunde wertlos gewesen. Darum war schnelles Abhaken und Konzentration auf das dritte Spiel angesagt.

Grundsätzlich war nicht alles falsch, was man am Samstag ablieferte, und wenn es gelingen sollte, die wenigen Fehler auszumerzen, könnte es gut kommen. So reiste man zuversichtlich ins Berner Seeland, wo sich zum Spielbeginn eine stattliche Gruppe Anhänger aus dem Zürcher Oberland eingefunden hatte, um im definitiv letzten Spiel der Saison noch einmal alles zu geben.

Kappelen hatte sich jedoch auch sehr gut auf das dritte Spiel eingestellt und startete furios in die Partie. Mit einem horrenden Tempo und einer absolut meisterlichen Effizienz lagen sie nach knapp sechs Minuten mit 3:0 in Führung und auf den Rängen befürchtete man schon das Schlimmste. Die Gossauer kamen dann zwar besser ins Spiel, ein Treffer gelang ihnen trotzdem nicht, im Gegenteil sie mussten gar ein viertes Tor kassieren und so stand es diskussionslos 4:0 für Kappelen nach dem ersten Drittel. Da mussten auch die eingefleischtesten Zürcher Anhänger neidlos anerkennen, dass die Seeländer einfach besser waren.

Zu Beginn des zweiten Drittels hatten sich die Titelverteidiger besser auf das Spiel der Kappeler eingestellt und mindestens defensiv klappte es ganz gut. Aber gefragt waren auch offensive Akzente. Als dann Reusser eine Strafe nahm, war es Keller, der sein Team mit dem 1:4 auf die Anzeigetafel brachte. Hoffnung auf Zürcher Seite keimte auf, war das der Beginn zur Aufholjagd? Leider nein, Kappelen antwortete prompt mit dem 5:1. Ein weitere Strafe gegen Kappelens Baumann hätte dann den Gästen wieder Gelegenheit geben sollen, die Aufholjagd fortzusetzen, aber gerademal sechs Sekunden später gabs den nächsten Zweier, diesmal gegen Gossau. Ein Schiedsrichterentscheid, den Vollenweider und Keller nicht nachvollziehen konnten und in der Hitze des Gefechts deshalb beinahe gleichzeitig die Hände verwarfen, hatte zur Folge, dass einer der beiden wegen Reklamierens in die Kühlbox geschickt wurde. Die Chance war vertan und was beim zwei gegen zwei folgte war klar. Die Mannschaft mit Ballbesitz nimmt den Torhüter heraus und spielt Powerplay. Das war in diesem Fall Kappelen und dieser Vorteil wurde eiskalt zum 6:1 genutzt, was dann auch dem Pausenresultat entsprach.

Besorgt fragte man sich in der zweiten Pause, ob die Titelverteidiger noch ein Ass im Ärmel hätten oder ob der Benzintank schon leer wäre. Man spekulierte auch darüber, wann auf das risikoreiche 4:3 umgestellt würde. Und da gingen die Meinungen schon auseinander.

Nun, vier zu drei gab es zwar noch nicht, aber auf der Torhüterposition hatte Diener den Platz von Bieri eingenommen. Das deutete zumindest darauf hin, dass auf Diener ein Drittel mit einem höheren Laufpensum zwischen Bande und Tor wartete. Nach nur einer Minute war es dann aber soweit. Kappelen hatte eben das 7:1 markiert und Keller nahm das Timeout. Und es zeigte Wirkung. Nur zwei Minuten später, nach Toren von Baumgartner und Bücheler hatte man auf 7:3 verkürzt. Von Reussers 8:3 liess man sich nicht beeindrucken, denn bei der risikoreichen Taktik muss man Gegentreffer in Kauf nehmen. Nach Büchelers 8:4 war es dann an Coach Fankhauser, das Timeout zu beziehen. Doch dieses zeigte nicht die gewünschte Wirkung, Gossau powerte weiter mit vier zu drei und kam auf 8:6 heran. Noch waren über zehn Minuten zu spielen und der Meistertitel aus beinahe unendlich weiter Entfernung war wieder greifbare Nähe gerückt. Kappelen wankte, aber fiel nicht - fluctuat nec mergitur wie es bei Asterix heissen würde. Das vier zu drei hatte jedoch Kräfte gekostet und kleinere Fehler schlichen sich ein. Einen solchen nützte dann Zesiger eiskalt aus und markierte den wohl wichtigsten Treffer im ganzen Spiel zum 9:6. Die Entscheidung, wie sich herausstellen sollte, war gefallen. Die weiteren Treffer in den letzen zwei Minuten hatten nur noch statistischen Wert und schliesslich mussten die Zürcher Oberländer den Seeländern zum ersten Titel gratulieren.

Kappelens erster Meistertitel ist nicht unverdient. Spiel eins und zwei hätte geradsogut einen anderen Sieger geben können. Einmal war das Glück auf Gossauer Seite, ein andermal auf derjenigen Kappelens. Fehlendes Glück darf deshalb nicht moniert werden. An die hervorragenden Leistungen in Spiel zwei und drei gegen Lengnau im Halbfinal - und dort war das absolut nötig, um sich für den Final zu qualifizieren - konnte Gossau leider nicht mehr anschliessen. Und um dieses ausserordentlich starke Kappelen schlagen zu können, hätte es die Hochform aller gebraucht. Das war zumindest bei denjenigen, welche von einer Verletzung zurückkamen gar nicht möglich.

Zum Schluss bleibt der Gewinn der Silbermedaille. Auch eine Silbermedaille glänzt, auch wenn das im ersten Moment niemand so recht wahr haben will. Immerhin stand Gossau seit 2006, d.h. seit 10 Jahren ununterbrochen im Playoff-Final und das ist doch auch erwähnenswert.

Die Finalissima in Kappelen war auch rund um das Spiel ein Erlebnis. Die Organisatoren haben trotz ihrer grenzwertigen Halle viel Herzblut in den Event gesteckt. Das begann schon mit der absolut nachahmenswerten «Bier und Wurst»-Aktion für 5.- vor dem Spiel und dem Projizieren des Nationalhymnentexts (das Abspielen der Nationalhymne erfolgte diesmal in einem normalen Tempo, sodass auch Mitsingen möglich war). Dass dann allerdings nur die Einheimischen unter Rauch und Stroboskop einlaufen durften und dass bei der Siegerehrung die zweiten Sieger als «Verlierer» betitelt wurden, sei den Verantwortlichen verziehen.

Zum Schluss der Saison möchten wir uns noch bedanken. Erstens bei den Schiedsrichtern, die über alles gesehen einen guten Job abgeliefert haben. Dass auch sie nicht fehlerlos sind, ist logisch, aber die Fehlerquote war wohltuend gering. Ein Dank geht auch an die zahlreichen treuen Fans, die unsere Mannschaften stets mit Leib und Seele unterstützt haben und auch weite Reisen nie gescheut haben. Zudem geht der Dank auch an alle Helfer im Hintergrund und um niemand zu vergessen, sollen darin alle von der Spaghettiköchin bis zum Buschauffeur eingschlossen sein. Und schliesslich danke ich auch allen Lesern, die sich durch unsere - manchmal etwas ausufernden - Berichte durchgekämpft haben, für ihr Interesse. Wir freuen uns jetzt schon auf die Saison 2015/16.

Matchtelegramm
UHC Kappelen - UHCevi Gossau 12:7 (4:0, 2:1, 6:6)
MZH Kappelen, Kappelen. 350 Zuschauer. SR Strähl/?.
Tore: 2. Reusser (Hügli) 1:0; 4. Hügli (Bürgi) 2:0 6. Otti (Wüthrich) 3:0 14. Wüthrich (Scheidegger) 4:0;
31. Keller (Bücheler) 4:1 (PP), 32. Baumann 5:1, 36. Otti 6:1;
41. Bürgi 7:1, 43. Baumgartner 7:2, 43. Bücheler (Keller) 7:3, 45. Reusser (Hügli) 8:3, 46. Bücheler (Wintsch) 8:4, 48. Keller 8:5, 49. Bücheler 8:6, 54. Zesiger 9:6, 58. Baumann 10:6, 59. Baumann (Marolf) 11:6, 60. (59:02) d'Hooghe 11:7, 60. (59:12) Wüthrich (Otti) 12:7.
Strafen: 2mal 2 Minuten gegen UHC Kappelen, 1mal 2 Minuten gegen UHCevi Gossau.
UHCevi Gossau: Bieri; Vollenweider, Bücheler, L. Widmer;  Frauchiger, d'Hooghe, Baumgartner; Wintsch, Ehrensperger, Walther; Voegtli, Keller, Hürlimann.
UHC Kappelen: Marolf; Schlup, Wüthrich, Otti; Kocher, Reusser, Hügli, Sollberger, Bürgi, Baumann, Wälti, Zesiger.
Bemerkungen: UHCevi Gossau B. Widmer, Leimbacher (verletzt), Diener, Frank (überzählig). 41. Timeout Gossau, 46. Timeout Kappelen. Bestplayer: Bücheler (Gossau), Marolf (Kappelen).