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...und wieder kam (es) Anders...

Playoff

«Man sollte gegen diese alten Berner Mannen schon gewinnen...» hiess es im Forum und manch einer auf der Tribüne teilte diese Ansicht. Spätestens im letzten Drittel gehe denn Bernern die Luft aus, meinten zudem diejenigen, die es besonders gut zu wissen meinten. Aber es kam Anders im wörtlichen Sinn. Anders Uhlin erinnerte sich wohl an den Ligacuphalbfinal 2009, als er höchstpersönlich zum 6:6 ausglich und den Gamewinner zum 7:6 zwei Sekunden vor Schluss nachlegte. Und genau wie vor acht Jahren lief der Film auch diese Mal ab mit dem kleinen Unterschied, dass Uhlin diesmal zum 6:6 Ausgleich «nur» den entscheidenden Pass geliefert hatte. Aber Uhlin ist Uhlin ob Canes oder Wiler-Ersigen.

Bis zu dieser für den UHCevi Gossau verhängnisvollen Schlussphase lief grundsätzlich alles wie erhofft ab. Wer ein Spektakel à la Ligacupfinal erwartete wurde enttäuscht. Beide Teams agierten defensiv äusserst diszipliniert und liessen kaum etwas zu. Gossau hatte vielleicht etwas mehr Ballbesitz und auch mehr Abschlüsse, die aber zunächst das Ziel verfehlten oder vom ausgezeichneten Burri entschärft wurden. Deshalb verwunderte es nicht, dass die Zuschauer lange auf den ersten Treffer warten mussten. Erst eine Zweiminuten-Strafe von Marc Lüthi ermöglichte den Zürcher Oberländern ein Powerplay, das dann von Keller eiskalt genutzt wurde. Und plötzlich war der Bann gebrochen, der eben noch seine Strafe absitzende Lüthi egalisierte eine Minute später, und als alle schon mit einem ausgeglichenen Pausenresultat rechneten, erzielte Baumgartner mit einem platzierten Schuss in die untere linke Ecke Sekunden vor der ersten Sirene das 2:1 für seine Farben.

Kurz nach der Wiederaufnahme waren die Grünen wieder dran, als Zimmermann nach einem langen Auswurf von Burri ausglich. Das Spiel blieb eng, Gossau aber eher am Drücker und Wiler wehrte sich nach Kräften. Kurz nach Hälfte des Spiels nahm zunächst Uhlin einen Zweiminüter und dann konnte Dysli nur noch mit unfairen Mitteln das Powerplay der Gossauer stören und kassierte dafür zu Recht einen weiteren Zweier. Das war nun ein gefundenes Fressen für die Gossauer Powerplayformation. Linus Widmer war es dann, der dafür sorgte, dass Uhlins Strafe vorzeitig beendet war und diejenige von Dysli zu tickern begann. Und auch diese Strafe beendete Linus Widmer nach einem glanzvollen Tikitaka - Keller -Bücheler - Widmer - Tor - vorzeitig. 4:2 lagen die Einheimischen nun vorne und die Nuss schien geknackt zu sein. Uhlins Anschlusstreffer dämpfte die Euphorie zwar, aber immerhin zum zweiten Tee führten die Titelverteidiger, wenn auch nur knapp.

Auf der Tribüne waren sich die Experten einig. Denn den «alten Berner Mannen» gehe dann im Schlussdrittel schon noch die Luft aus und die Gossauer würden noch die Kür abliefern...

Das letzte Drittel begann ganz nach dem Geschmack der Zürcher Oberländer. Mit einem wunderbaren schnell vorgetragenen Angriff spielte Ehrensperger präzise auf Keller und der liess sich die Chance zum 5:3 nicht entgehen. Zehn Minuten vor Schluss, als Frauchiger in ein Rencontre mit Zurflüh verwickelt wurde, gab es die erste Strafe gegen Gossau. Ok, man hätte auch Zurflüh in die Kühlbox schicken können, aber das haben nicht alle so gesehen... Nun, die Powerplayqualitäten der Berner sind bekannt und es kam was kommen musste. Luginbühl auf Pass von Uhlin liess nichts anbrennen und der Anschlusstreffer war erneut geschafft. Und erneut glaubten alle Anwesenden, die Zürcher würden die Partie endgültig auf ihre Seite kippen, als Linus Widmer fünf Minuten vor Schluss auf Pass von Brühwiler zum 6:4 einnetzte. Aber auch da waren die Grünen um eine schnelle Antwort nocht verlegen. Drei Sekunden später war schon das 6:5 duch Aebi Tatsache. Gossau zeigte sich keineswegs geschockt, arbeitete weiter konzentriert bis gut drei Minuten vor Schluss Linus Widmer einen idealen Querpass mit einem Onetimer im Tor von Burri zum vorentscheidenden 7:5 versenkte. So war zumindest der Plan, aber aus dem Onetimer wurde nur ein harmloses Schüsschen, das Burri keine Schwierigkeiten bereitete und praktisch im Gegenstoss glich Luginbühl auf Pass von Uhlin zum 6:6 aus. Und wie die Geschichte endete, wissen wir.

Klar, die Serie ist nach diesem 6:7 noch nicht zu Ende und am nächsten Samstag werden die Karten wieder neu gemischt. Die Berner aber sind nun euphorisiert und der Sieg bedeutet den ehemaligen Canes gegen den ewigen Rivalen viel. Das Ziel, dass erstmals der Grossfeld- und Kleinfeldtitel im gleichen Jahr vom selben Verein geholt würde, wäre ein Stückchen näher gerutscht. Auch wenn das «Zwöi» vom SVWE in der ungeliebten Gruppenphase mehr schlecht als recht in die Playoffs gestolpert ist, wird es mit seiner immensen Erfahrung keine Halbheiten mehr dulden und das - aus seiner Sicht - Wunder gegen den amtierenden Titelträger zu schaffen versuchen.

Die Gossauer andrerseits sind ebenfalls erfahren genug, um die richtigen Schlüsse zu ziehen. Die Defensivleistung mit einem überragenden Torhüter Bieri als Rückhalt ist eine solide Grundlage auf der man aufbauen kann. Die Effizienz - nur zwei Tore pro Drittel und nur drei Tore im drei gegen drei - hat noch Luft nach oben, und die Verantwortlichen sind zuversichtlich, am das Verbesserungspotenzial am nächsten Samstag umsetzen zu können. Auf jeden Fall, für Spannung ist weiterhin gesorgt. 

Matchtelegramm
UHCevi Gossau – SV Wiler-Ersigen II 6:7 (2:1, 2:2, 2:4)
Dreifachhalle Mettlen, Pfäffikon ZH. – 121 Zuschauer. – SR Roman Senn.
Tore: 17:39 Keller (Bücheler) 1:0 (PP), 18:35 M. Lüthi 1:1, 19:46 Baumgartner (Bücheler) 2:1;
21:14 Zimmermann (Burri) 2:2, 32:05 L. Widmer 3:2 (PP), 33:10 L. Widmer (Bücheler) 4:2 (PP), 36:30 Uhlin 4:3;
42:35 Keller (Ehrensperger) 5:3, 49:53 Luginbühl (Uhlin) 5:4 (PP), 54:35 L. Widmer (Brühwiler) 6:4, 54:38 Aebi (Uetz) 6:5, 56:32 Luginbühl (Uhlin) 6:6, 58:12 Uhlin (Luginbühl) 6:7.
Strafen: UHCevi Gossau 1-mal 2 Minuten (Frauchiger), SVWE 3-mal 2 Minuten (M. Lüthi, Uhlin, Dysli)
UHCevi Gossau: Bieri; Ehrensperger, Keller, Hürlimann; Bücheler, Baumgartner, Rüegg; Frauchiger, L. Widmer, Brühwiler.
SV Wiler-Ersigen II: Burri; Dysli, Zimmermann, Luginbühl, Uhlin, Koch, Zurflüh, Uetz, Aebi, M. Lüthi, D. Lüthi, T. Lüthi, Sollberger; Steck.
Bemerkungen: UHCevi Gossau ohne L. und D. Baltisberger, K. Diener (überzählig), d'Hooghe, Walther, Leimbacher, B. Widmer, Frank. Bestplayers: Anders Uhlin (Wiler) und Pascal Bieri (Gossau)